Sonntag, 13. November 2011

Medusa = Kopf = Nacht = Mond!

Was das Gorgoneion betrifft so gehörte auch dieses zur Aegis des Zeus, aber wesentlicher doch gleichfalls zu der Athena, die es nach der gewönlichen d.h. der argivischen Sage vom Perseus empfangen, nach einer attischen (Eurip. Ion 987) selbst erworben hat, nachdem sie die Gorgo in der Gigantomachie getödet hatte. Ein Ungeheuer welches in der kosmogonisch gestimmten Perseussage an den nächtlichen Enden der Okeanischen Urfluth zu Hause ist, nach der attischen Sage dagegen von der Erde tum Beisstande ihrer bedrängten Söhne, der Giganten erzeugt wurde. Seine ursprüngliche Bedeutung ist vermutlich die des Mondes als des Gesichtes der Nacht, nicht in der freundlichen und anmutigen Gestalt einer Artemis oder Selene, sondern in der gleichfalls weit verbreiteten Auffasung einer unheimlichen, finstern und grausigen Macht gleich der Hekate oder der auch dem Namen nach verwandten Brimo d.h. der Schrecklichen. Auch scheint Gorgo Medusa als Gesicht der Nacht zugleich deren Symbol gewesen zu sein und wie diese die Bedeutung einer kosmischen und kosmogenischen Potenz von dualistischem Character gehabt zu haben, so dass zugleich das Schreckliche und das Liebliche von ihr ausgehen konnte; wie dieser doppelte Character wiederum vorzuüglich in der Perseusfabel hervortritt, wo sie in Verbindung mit den Graeen das urweltliche Dunkel zu bedeuten scheint, welches auf der Fluth lagerte, bis mit Hülfe guter Himmelsmächte die erste Epiphanie des Lichtes daraus hervorstrahlte. Daher das Medusenhaupt in der älteren Kunst zwar immer mit den grellsten Zügen ausgestattet und seine Wirkung von den Dichtern wetteifernd als eine Alles versteinernde d.h. alles Leben tötende geschildert wird: daneben aber doch Medusa selbst schon bei Hesiod th. 278 ff. eine liebe Buhle des Meeresgottes Poseidon genannt wird, der sich auf blühender Frühlingswiedse bei ihr lagert, worauf aus ihrem Rumpfe, nachdem Perseus den Kopf abgeschlagen , Chrysaor und Pegasos entspringen d.h. der zuckende Lichtstrahl des Blitzes und die geflügelte Donnerwolke. So ist auch das Blut der Gorgo nach Euripides Ion 1005 sowohl von belebender als von tödlicher Wirkung, und selbst das Gesicht der Medusa wird in der späteren Posie und Kunst immer milder und reizender geschildert und abgebildet, bis es zuletzt heist, Medusa habe durch Poseidons Liebe und die Schönheit ihrer Haare die Eifersucht der Athena erregt, welche deshalb diese Haare in Schlangen verwandelt und den Perseus gegen sie ausgesendet habe. Immer gehören Athena und der Tod der Gorgo oder das Attribut der Gorgo so eng zusammen dass die Epithete Athene γοργωπις, γοργοφονος herkömmlich waren und das Gorgoneion besonders auf der attischen Burg, die zuletzt ganz dem Pallasdienste geweiht war, für ein eben so wesentliches Attribut desselben galt als der heiligen Ölbaum. So sah man an der südlichen Mauer der Burg, über dem Theater ein größeres vergoldetes Medusenhaupt auf einer Aegis, was den gewaltigen, alle Feinde zurückschreckenden Schutz, mit welchem Athena als Promachos von ihrer Burg über Stadt und Land waltete, vergegenwärtigen sollte. An der Brust der Himmelsgöttin Pallas Athena aber, wo der Gorgoneion nie fehlte, und als Kern der Aegis kann dieses Symbol doch auch nur die himmlischen Schrecknisse, über welche die Göttin gebietet, bedeuten.

Andere Symbole führen die altertümlichen Beziehungen der Athena zu den himmlischen Mächten und Erscheinungen in anderer Weise aus. So das alte bildiche Epithet γλαυκκωτις, welches eine eigentümliche leuchtenden Glan der Augen ausdrückt, einen ähnlichen Glanz wie den des Mondes, der schimmernden Meeresfläche, der Blätter des Ölbaums. Unter den örtlichen Diensten haftet es besonders an dem der Akropolis von Athen und dem von Sigeon, bei beiden wahrscheinlich mit Beziehung auf die Lichterscheinung des Mondes. In Athen entspricht bekanntlich demselben Bilde das Symbol der Eule (γλαυξ), dieses von der attischen Athena auf den Münzen, Vasen und bei allen anderen Veranlassungen untrennbaren Vogels. Man muss denseben in Athen gesehen haben, mit seinen großen rotgelben Augen, in denen der pechschwarze Kern unheimlich glüht, um die ganze Prägnanz dieses Bildes empfinden zu können, bei dem es wieder vornehmlich auf das Gesicht der Nacht hinaus kommt. Auch deutete schon Aristoteles die Athena auf das Mondlicht, welche Deutung in der Tat von manchen Umständen unterstützt wird, z. B. durch die Sage von der Auge d.h. der Glänzenden, der Athenapriesterin von Tegea, der Mutter des Telephos, durch die Fackelfeste der Athena «Ελλωτις» zu Korinth, auch durch den Kult der Chryse d.h. der Goldenen, der Lichten, auf einer Insel bei Lemnos, welche Göttin gewöhnlich für eine Athena gehalten wurde: ein Gottesdienst welcher durch die Sage von der Trojafahrt des Herakles und der des Philoktet berühmt geworden war und für die Schifffahrt in diesen Gewässern immer angesehen blieb.

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